Die Corpus-Christi-Apokalypse 
              Die bilderreichste Apokalypse der Gotik
               
              Cambridge, Corpus Christi  College, MS 20  
                  Im Reichtum der Ausstattung  überragend 
                   
                   Seit 1575 hütet die Parker Library im renommierten Corpus Christi College in  Cambridge die am reichsten ausgestattete englische Apokalypsehandschrift des  14. Jahrhunderts. Auf 72 Blatt im Format von ca. 37 × 26 cm reihen sich in  dichter Abfolge nicht weniger als 121 großformatige Miniaturen in leuchtenden  Farben, aus denen reichlich Gold und Silber funkelt. Die meisten der  strahlenden Goldflächen sind zusätzlich mit feiner Ziselierung und Punzierung  verziert. Vor phantasievoll gemusterten Bildhintergründen läuft das dramatische  Geschehen in faszinierenden Bildern ab. 280 blaue Initialen mit rotem  Fleuronnée und 59 goldene Initialen schmücken die Texte in anglonormannischer  und lateinischer Sprache. 
  Das Buch mit sieben Siegeln -  geheimnisvoll und inspirierend  
   
                 Unter »Apokalypse« versteht der allgemeine Sprachgebrauch die Offenbarung des  Johannes, das letzte Buch des Neuen Testaments. Auf der griechischen Insel  Patmos erfuhr der von Kaiser Domitian (51-96 n. Chr.) dorthin verbannte  Johannes seine Vision vom Weltende und Jüngsten Gericht mit anschließendem  Anbruch des Reich Gottes und schrieb alles in einer stark bildhaften Sprache  nieder. 
            Die  Sprachgewalt und Symbolkraft dieses gegen Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr.  entstandenen Textes hat die Menschen des Abendlands schon immer fasziniert und  inspiriert. Im Mittelalter ist die Apokalypse eines der am meisten kommentierten  biblischen Bücher, dessen verschiedene Auslegungen von beträchtlichem Einfluss  auf das gesamte abendländische Geschichtsverständnis waren.               
            Einzigartige Kombination:  Apokalypse - Jenseitsvision - Krönungsordnung  
               
               Mit ihrem Miniaturenreichtum übertrifft die Corpus-Christi-Apokalypse alle anderen Apokalypsehandschriften der Zeit. Auch inhaltlich ist sie  einzigartig: Neben der Offenbarung des Johannes enthält sie eine reich  illustrierte Version der Visionen des Apostels Paulus von seiner Höllenfahrt sowie  eine Abschrift der englischen Krönungsordnung, wie sie bei der Krönung von  Edward II. zur Anwendung kam. 
Die  Zusammenstellung dieser drei Texte zu einem einzigen Codex ist absolut  einzigartig. Dabei wurden nicht wie so häufig bereits bestehende Texte einfach  zu einem Buch zusammengebunden, sondern die Handschrift wurde in einem Zug  hergestellt, von einem einzigen Schreiber geschrieben und von einem, vielleicht  zwei Meistern prachtvoll illuminiert. Insofern ist davon auszugehen, dass die  ungewöhnliche Kombination von Anfang an ein expliziter Wunsch des Auftraggebers  war. 
            Erstmals Bilder von der Vision  des Paulus 
               
Den Hauptteil, nämlich 60 Folios mit 106 Miniaturen, macht die Offenbarung des  Johannes aus. Die Paulusapokalypse belegt mit 14 Miniaturen die nächsten acht  Blatt. Die Faksimile-Edition der Corpus-Christi-Apokalypse macht zum ersten Mal überhaupt den eindrucksvollen Bilderzyklus der dem Apostel  Paulus zugeschriebenen Vision zugänglich. Mit einer ganzseitigen feierlichen  Miniatur eröffnet schließlich die Krönungsordnung. 
Prachthandschrift für einen  Würdenträger am englischen Hof 
 
 In den Jahren zwischen 1335 bis 1339 wurde die Handschrift für Henry de Cobham,  einen Würdenträger am englischen Hof, in einer einzigen Kampagne in London von  einem oder zwei Meistern in dieser verschwenderischen Fülle und Pracht  ausgestaltet. Im späteren 14. Jahrhundert gehörten die Lords of Cobham zu den  führenden Familien mit großem Landbesitz im Südosten Englands. Lord Henry  amtete als Oberrichter bei der Schatzkammer in Westminster. Von seinen  Vorfahren hat er das Recht geerbt, bei Königskrönungen den Baldachin zu tragen,  unter dem der König schritt. An der Krönung Edwards II. 1308 hat Lord Henry  teilgenommen. Es ist daher naheliegend, dass er die Krönungsordnung als  Erinnerung an diesen feierlichen Akt für seine kostbarste Handschrift abschreiben  ließ. 
Die Offenbarung des Johannes in  anglonormannischen Versen  
Die Corpus-Christi-Apokalypse ist ein zweisprachig  lateinisch-anglonormannisches Buch. Anglonormannisch ist der altfranzösische  Dialekt, der seit der Eroberung Englands (1066) durch Herzog Wilhelm von der  Normandie bei Hof und von der englischen Oberschicht gesprochen wurde. Die  durchgehende Verwendung zeigt, wie wichtig es dem Auftraggeber war, die Texte  in der ihm vertrauten Sprache lesen und verstehen zu können. 
Auf jede  Miniatur folgt zuerst die entsprechende lateinische Passage aus der Bibel in  stark abgekürzter Form. Daran schließt sich eine anglonormannische  Versparaphrase des Bibelauszugs an. Ein exegetischer Kommentar, ebenfalls in  Anglonormannisch, nimmt dann auf beides Bezug. Dieser Kommentar erlaubt uns heute,  die mittelalterliche Sichtweise der rätselhaften Johannes-Offenbarung  nachzuvollziehen. 
Schmuckstück der weltberühmten  Parker Library  
Nach dem Tod  von Henry de Cobham 1339 gelangte die Corpus-Christi-Apokalypse in den Besitz von Juliana de Leybourn, die die Handschrift 1367 der  Benediktinerabtei St Augustine’s in Canterbury vermachte. In der Reformation  wurde die Abtei 1538 aufgelöst. In dieser unruhigen Zeit erwarb und rettete der  passionierte Bücher- und Handschriftensammler Matthew Parker (1504-1575)  Hunderte von Handschriften. 
Matthew  Parker war für neun Jahre Direktor des Corpus Christi College, später auch  Vizekanzler der Universität Cambridge. Im Jahr 1559 bestellte ihn Elizabeth I.  zum Erzbischof von Canterbury, dem Oberhaupt der Kirche von England. Im Jahr  vor seinem Tod vermachte er seine 480 Handschriften zählende Sammlung, darunter  die Corpus-Christi-Apokalypse, seinem  ehemaligen College, wo sie bis heute den Grundstock der nach ihm benannten  berühmten Parker Library bildet. 
            Die  Corpus-Christi-Apokalypse im Überblick  
            Cambridge, Corpus Christi  College, MS 20                         
            
              
                
                  
                    | Entstehungszeit: | 
                    1335 - 1339 | 
                   
                  
                    | Entstehungsort: | 
                    London | 
                   
                  
                    | Format: | 
                    ca. 37 x 26 cm | 
                   
                  
                    | Umfang: | 
                    144 Seiten (72 Blatt) | 
                   
                  
                    | Inhalt: | 
                    Johannesapokalypse, Paulusapokalypse und  Krönungsordnung | 
                   
                  
                    | Sprache: | 
                    Latein und Anglonormannisch | 
                   
                  
                    | Künstler: | 
                    Ein und zwei Meister aus London | 
                   
                 
                               Auftraggeber: Henry de Cobham, erster Baron Cobham (1260-1339),  Oberrichter bei der Schatzkammer in Westminster  
   
  Geschichte:  
  Nach dem Tod Cobhams  1339 gelangte die Handschrift über Juliana de Leybourn in den Besitz von St  Augustine's Abbey in Canterbury. Nach Auflösung der Abtei erwarb Matthew  Parker, Erzbischof von Canterbury, die Handschrift und vermachte sie 1575 als  Schmuckstück seiner bedeutenden Sammlung dem Corpus Christi College in  Cambridge. 
   
  Die Faksimile-Edition der Corpus - Christi - Apokalypse erscheint im Herbst 2012 im Quaternio Verlag Luzern. 
     
   Preis: EUR 7.480,00  
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